Wie ich aufs Wissenschaftsmanagement kam

Als ich noch Technische Assistentin im Labor war, habe ich nicht unbedingt viel darüber mitbekommen, wie es hinter den Kulissen im Wissenschaftssystem so aussieht. Zudem war ich damals noch sehr jung. Aber mit der Zeit, je weiter mein Weg mich in die Tiefen des Systems geführt hat, bekam ich immer mehr mit, was falsch lief. Natürlich lief auch vieles gut, und die Wissenschaft als Arbeitsplatz finde ich immer noch super. Aber das drum herum, das System, macht viel anfängliche Motivation und positive Einstellung zunichte.

Ich merkte, dass es bei weitem nicht in allen Arbeitsgruppen so verhältnismäßig gut lief, wie in denen, ich denen ich „geprägt“ wurde. Meine ersten beiden Arbeitsgruppen wurden außerdem von JuniorprofessorInnen geleitet. Da war das Arbeitsklima ein ganz anderes als in „älteren“ Arbeitsgruppen.

Schon während meiner ersten Promotionsstelle, eigentlich schon während meines Studiums, kam es oft zu frustrierenden Situationen, in denen man sich über das schlechte Management, die unzureichenden Kenntnisse und Bemühungen der Verantwortlichen im Bereich Personalführung und -entwicklung und die schlechten Entscheidungen ärgern musste.

Seien wir ehrlich, die Personen, die zur Zeit auf den Führungspositionen im Hochschul- und Wissenschaftsbereich sitzen, zumindest in Deutschland, sind dort oft nicht, weil sie besonders gute Führungspersönlichkeiten sind. Sie sind gute WissenschaftlerInnen, von denen im Laufe der Karriere immer mehr erwartet wurde, dass sie von WissenschaftlerInnen zu ManagerInnen, zu Führungspersönlichkeiten wurden. Da konnte man Glück haben, aber auch Pech. Meistens eher letzteres. Ich möchte das keineswegs verallgemeinern, es gibt auch einige gute Ausnahmen, aber es wurde, und wird oft immer noch, nicht viel Wert auf die Führungsqualitäten gelegt. Es ist auch absolut kein leichter Weg, der da von den WissenschaftlerInnen erwartet wird. Für mache passt das einfach nicht. Aber wenn man weiter in dem Bereich arbeiten möchte, bleibt einem keine andere Wahl, als immer weiter hoch zu klettern. Da zeigt sich das Problem des kaum existenten Mittelbaus.

Ich war Leiterin einer Studierendenorganisation. Ich bin da zum Glück reingewachsen und habe die mit aufgebaut. Aber leicht war es nicht. Und mit der Zeit merkt man, dass man nicht einfach nur die Leute um sich hat, die von ganz alleine wissen, was zu tun ist. Je mehr Menschen dazukommen, die nicht die ganze Reise mitgemacht haben, desto mehr muss man anleiten, erklären, ein Konzept haben, organisieren. Es läuft nicht immer einfach von selbst. Diese Fähigkeiten haben die wenigsten einfach so. Dazu ist eine kontinuierliche Weiterbildung notwendig.

Führungskräfte aus privatwirtschaftlichen Unternehmen, BWLer und so, würden mich für diese Erkenntnis auslachen. Das ist ja überhaupt die Grundlage für die Führung eines Teams.

Aber wissen das auch WissenschaftlerInnen, die plötzlich eine Arbeitsgruppe leiten? Woher weiß man das, wenn man nie ein funktionales Team kennengelernt hat. Wenn alle bisherigen Führungskräfte, die man erlebt hat, das alles einfach irgendwie gemacht haben. Führungskräfteseminare gibt es zwar mittlerweile, aber die sind manchmal auch nur freiwillig.

Der PI, der mein Poster einfach weitergereicht hatte, ohne mich zu fragen, der bekannt war als Choleriker, dessen ehemaliger Doktorand sagte, seitdem er Postdoc war, wurde er immerhin nicht mehr ständig angeschrien, dieser PI besuchte den Kurs nicht. Obwohl es eigentlich ein Pflichtkurs war. Hatte er halt verschwitzt, den Termin. Sowas kann ja mal sein. Er war ja verbeamtet, was kann ihm da schon passieren.

Meinen Frust über das Wissenschaftssystem musste ich irgendwie kanalisieren. Die Idee ist lange in mir gewachsen. Wie kann man solche strukturellen Probleme angehen? Wie kann man dafür sorgen, dass es eventuell besser laufen könnte? Was könnte ein Anfang sein?

Würden privatwirtschaftliche Unternehmen so agieren, wie es manche wissenschaftlichen Arbeitsgruppen, universitäre Fachbereiche oder Forschungseinrichtungen tun, wären sie wahrscheinlich wenig erfolgreich und würden vom Markt verschwinden. Je mehr ich darüber nachdachte und mich informierte, schien es gar nicht so abwegig, bestimmte Management-Tools auch in der Wissenschaft anzuwenden.

Geht das überhaupt? Macht das Sinn? Wie könnte man das nutzen? Würde die wissenschaftliche Freiheit dadurch beschränkt? Welche Vorteile könnte das haben?

Und letztes Jahr habe ich mich endlich getraut. Weil es mir wichtig ist. Ich habe einen MBA in Wissenschaftsmanagement begonnen. Neben der Doktorarbeit. Ein wenig verrückt, aber es ist super! Das war die Komponente, die mir gefehlt hat!

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